Reto Branschi, Direktor/CEO im Interview

Das letzte Kapitel einer Ära

«Ich übergebe meinem Nachfolger eine finanziell gesunde Tourismusorganisation.»

Reto Branschi, Direktor/CEO

Reto Branschi, CEO/Direktor, berichtet, was ihn im vergangenen Geschäftsjahr gefreut und geärgert hat. Und welche Projekte er weiter begleiten wird.

Reto Branschi, dein letztes Geschäftsjahr als langjähriger CEO/Direktor der DDO ist vorbei. Mit welchen Gefühlen blickst du zurück?
Die Bilanz ist gemischt, aber das Positive überwiegt. Der Tourismus ist sehr stark von der jeweiligen Wirtschaftslage und dem Konsumklima abhängig, und die Wechselkurse zum starken Franken stellen stets eine zusätzliche Herausforderung dar. Besonders schwierig war die Pandemie, die uns sogar dazu gezwungen hat, Mitarbeitende zu entlassen. Andererseits konnten wir als Destination und zusammen mit unseren lokalen Partnern zahlreiche Projekte umsetzen und Davos Klosters stetig weiterentwickeln. Was mich besonders freut: Ich kann meinem Nachfolger eine finanziell gesunde Tourismusorganisation übergeben.

Wie viel Wehmut ist dabei?
Wehmut spüren, heisst für mich zurückblicken. Das ist nicht mein Ding. Ich blicke nach vorne und freue mich auf die Zukunft. Dennoch: Ich werde das grossartige Team der DDO und die Zusammenarbeit mit all unseren Geschäftspartnern sicher vermissen.

Was für ein Team hinterlässt du deinem Nachfolger bei der DDO?
Das beste Team der Welt. In der DDO arbeiten Menschen, die sich mit voller Hingabe für Davos Klosters einsetzen. Sie sind sich für nichts zu schade. Was andernorts unmöglich erscheint, wird für unsere Partner und Gäste möglich gemacht. Wir verstehen uns fast blind und waren unglaublich effizient.

«Man muss Probleme ansprechen, wenn man sie lösen will – auch wenn das manchmal unangenehm ist.»

Was hat dich im vergangenen Geschäftsjahr am meisten gefreut?
Der Verwaltungsrat hat gemeinsam mit dem Büro «Hanser und Partner» die Strategie der DDO durchleuchtet und Schwerpunkte für die Zukunft festgelegt. Dabei wurde unsere bisherige Arbeit bestätigt. Wir werden die Bearbeitung unserer Märkte fortsetzen und in einigen Märkten sogar intensivieren. Zudem konnten wir den Vertrag mit «Swiss Epic» um drei weitere Jahre verlängern. Das ist ein wichtiger Anlass für unsere Bike-Strategie und – was mich besonders freut – er wird gemeinsam in Zusammenarbeit mit anderen Destinationen in Graubünden durchgeführt. Sehr gelungen ist auch die Filmproduktion «Davos 1917», die auch dank unseres Engagements zustande kam.

Und was hat dich geärgert?
Geärgert hat mich die unsachliche Diskussion über die Probleme mit einem Teil der orthodoxen jüdischen Gäste. Davos und die Davoser wurden dabei zu Unrecht in ein schiefes Licht gerückt.

War es rückblickend ein Fehler, so offen über die Probleme zu sprechen?
Man muss Probleme ansprechen, wenn man sie lösen will – auch wenn das manchmal unangenehm ist. Davos steht für Weltoffenheit. Hier leben Gäste aus aller Welt, Einheimische und Mitarbeitende der Betriebe zusammen. Das funktioniert nur, wenn gegenseitiger Respekt vorhanden ist. In der Kommunikation haben wir immer klargestellt, dass die Schwierigkeiten nur mit einem kleinen Teil der jüdischen Gästegruppe bestehen und dass wir lediglich verlangen, dass man die Natur, die Bräuche und die Bevölkerung respektiert – so wie es in allen Ländern von Gästen erwartet wird. Trotzdem wurde Davos teilweise pauschal als antisemitisch abgestempelt. Andererseits habe ich viele Zuschriften und Anrufe aus der jüdischen Bevölkerung erhalten, die uns unterstützen. Sie haben verstanden, dass wir differenzieren und die Probleme lösen wollen.

Die von dir ins Leben gerufene Taskforce hat hier aber einiges erreicht.
Wir kamen in der bisherigen Situation einfach nicht mehr weiter. Deshalb habe ich zusammen mit Michael Ambühl die Taskforce gegründet. Als erfahrener Diplomat und Verhandler soll er die Verständigung zwischen allen Beteiligten fördern und Massnahmen entwickeln, die zu einer gemeinsamen Lösung der Probleme führen. Eine erste Bilanz zum vergangenen Sommer werden wir im Oktober präsentieren.

«Das Projekt Klimafonds Davos 2030 liegt mir besonders am Herzen.»

Reto Branschi, CEO/Direktor

«Wir müssen beim
Klimafonds Davos 2030
unbedingt vorankommen.»

Die Taskforce wird dich also noch weiter beschäftigen. Welche weiteren laufenden Projekte möchtest du für die DDO noch abschliessen?
Die DDO befindet sich mitten in einem zweijährigen Digitalisierungsprojekt, das ich meinem Nachfolger Albert Kruker abgeschlossen übergeben möchte. Zudem müssen wir beim Klimafonds Davos 2030 unbedingt vorankommen. Dieses Projekt liegt mir besonders am Herzen, aber es ist eine echte Knochenarbeit, für die ich neben den Alltagsaufgaben einfach zu wenig Zeit hatte. Schliesslich werde ich auch weiterhin die Aufgaben rund um den VIP-Transport beim WEF betreuen. Diese Aufgabe wird zukünftig von der DDO an das WEF übergeben. Ich werde den Übergabeprozess in den nächsten Jahren begleiten.

Du hast immer gerne und viel gearbeitet. Nun hast du plötzlich mehr Freizeit. Was machst du damit?
(Lacht) Die grosse Freizeit ist bei mir noch nicht angekommen. Im Moment steht noch zu viel auf meiner To-do-Liste. Aber wenn die Freizeit dann kommt, wird mir bestimmt nicht langweilig. Ich möchte endlich wieder mehr Sport treiben, statt touristische Fachliteratur und Statistiken zu lesen. Und ich möchte unbedingt wieder einen Hund.

Was wirst du bei der DDO am meisten vermissen?
Die Mitarbeitenden. Sie sind ein eingeschworenes Team und machen die DDO lebendig.

Die Destination Davos Klosters ist unschlagbar, weil …
... die unvergleichliche Natur und die Menschen, die hier leben, sie so einzigartig und vielfältig machen.